Ganz bewusst bezeichne ich meine Werke immer auch als politisch, denn für mich ist die Arbeit des Künstlers die eines, durchaus kritischen, (Zeit-)zeugen, der aktuelles Geschehen und damit auch politische Tendenzen, Einflüsse und Gedanken in seine Arbeit aufnimmt und verarbeitet.
Die Einstellung zur Politik an sich und die politische Position leiten sich natürlich bei jedem Individuum auch aus der Biografie und dem politischen und gesellschaftlichen Umfeld ab. Bei mir ist es sicher die traumatische Erinnerung an die chilenische Militärdiktatur während meiner gesamten Kindheit, die meine
politische Haltung bis heute bestimmt. Die Beschneidung von Meinungs-, Freiheits- und allgemeinen Menschenrechten hat mich für diese Themen sensibilisiert. Nach dem Ende der Militärdiktatur musste die chilenische Gesellschaft erkennen, dass sie die offene Diktatur gegen eine heimliche Diktatur unter dem Deckmantel einer Demokratie eingetauscht hatte. An den Strukturen
und dem Machtapparat hatte sich wenig geändert.

Diese Enttäuschung hat mich dazu gebracht, mich mit dem Konzept der Dekolonialisierung zu beschäftigen. In Lateinamerika begann auch meine künstlerische Ausbildung in der Kunstakademie Valparaisos (Chile). Es handelte sich um eine eher klassische konservative Ausbildung, da die Performance- und Aktionskunst in Chile und ganz Lateinamerika bis heute nicht anerkannt sind, sondern eher im Untergrund stattfinden. Diese Aktionskunst ist meistens politisch, in dem Sinne, dass
Ungerechtigkeiten und Missstände der modernen Gesellschaft angeprangert werden.

Ein Aspekt ist dabei die Kritik an den zum Teil erhaltenen kolonialen Gesellschaftsstrukturen und der damit einhergehenden Unterdrückung der Minderheiten (Konzept der Dekolonialisierung), politischer Instabilität und einer ausgeprägten Klassengesellschaft. Auch Ungerechtigkeiten des Globalisierungsprozesses und das in Lateinamerika vorherrschende neoliberale Wirtschaftsmodell werden dabei thematisiert.

Alex Mora