Wir leben in einem kalten Universum, in dem die reizvolle Wärme, die Leidenschaft einer verzauberten Welt, ersetzt werden durch den Extase der Bilder, durch die Pornographie der Information, die obszöne Kälte einer entzauberten Welt. Nicht mehr durch das Drama der Entfremdung, sondern durch die Hypertrophie  der Kommunikation, die paradoxerweise mit jedem Betrachten, oder nach Baudrillard, mit jedem Bild und jedem Erkennen Schluss macht.

Meine Bewunderung für den deutschen Künstler Joseph Beuys mit seinen Aktionen der Sozialplastik war der Grund dafür, dass ich nach Deutschland kam, um hier im Land des großen Vordenkers konzeptuelle Kunst zu studieren. Ich kam hier an, erwartungsvoll, endlich in Berührung mit fortschrittlicheren Intellektuellen zu kommen.

Mit der Zeit öffneten sich mir allerdings die Augen; Ich hatte mich geirrt, als ich dachte, die Sozialplastik sei eine Möglichkeit, den Horizont der Menschen zu erweitern und auf diese Weise anderen Mitmenschen zu helfen. Mit meinen falschen Erwartungen ging ich davon aus, dass die Sozialplastik die richtige Antwort sei, um die „ökologische Intelligenz“ zu fördern und zu stimulieren, und dass sie den Weg öffnen würde für andere Werte, wie soziale oder ökologische Gerechtigkeit.

Mittlerweile stimme ich eher Jean Baudrillar zu, der sagt:
Die gesamte Duplizität der zeitgenössischen Kunst besteht darin, die Nichtigkeit, die Unbedeutsamkeit, den Unsinn zu fordern. Man ist nichtig und sucht die Nichtigkeit, man ist unbedeutend und sucht den Unsinn.
Die andere Strömung dieser Duplizität versucht, die Menschen zu zwingen, all diesem Unsinn Gewicht und Bedeutung zuzugestehen, und zwar unter dem Vorwand, dass dies doch gar nicht so nichtig sein könne und ein tieferer Sinn dahinter stecken müsse. Die zeitgenössische Kunst setzt auf diese Unsicherheit, die Unmöglichkeit eines fundierten ästhetischen Urteils, und schiebt die Schuld auf diejenigen, die nicht verstehen, oder nicht verstehen, dass es nichts zu verstehen gibt.

Mit diesem neuen Bewusstsein lernte ich Otto kennen, einen Freund aus einer anderen Sphäre, der folgende Idee ans Licht brachte:

Damals, 1793 schrieb Friedrich Schiller nieder, worauf es wohl für alle Zeiten ankommt, im 15. Brief seiner „…ästhetischen Erziehung des Menschen“ steht der bis heute uneingelöste programmatisch anmutende Satz: „…der Mensch spielt nur, wo es in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Dies ist nur Zitatenschmuck, die Zeit ist reif, sie war immer reif, und nun erst Recht, hier weiter zu kommen

Die zeitgenössische Kunst weist viele Mängel auf. Einer dieser Mängel ist die Vorannahme, sie sei kulturell oder gar sozial. Es gibt Scharlatane der Kunst, die sich als Intellektuelle bezeichnen, obwohl sie nie einen eigenen Text geschrieben haben.  Die meisten Kunstausstellungen haben keine Aussage, weil der Rezeptor innerlich hohl ist, und dies auch wünscht. Das ist das Publikum, welches der Künstler sich ausgesucht hat.

Mich macht es wütend, dass Künstler, die Opfer bringen und sich nicht dem Kunstmarkt unterwerfen, von den Marionetten dieses Systems verachtet werden. Ein System, welches ich auf spanisch nicht „sozio-ökonomisch“, sondern „sucio-economico“ nenne, schmutzig-ökonomich, weil es die Gier soweit treibt, dass nicht nur der Intellekt auf dem Spiel steht, sondern auch Menschenleen.

Die Wut führt meine Feder. Warum versteht sich die Kunst nur noch als ein Unterhaltungsmittel? Warum fördert sie das Desinteresse und die Verschlafenheit, das sklavistische Imperium des Konsums…?
Mir kommt ein indigenes Sprichwort aus meinem Land in den Kopf: „Lieber möchte ich aufrecht sterben, als gebeugt leben“ Auf Spanisch:  “prefiero morir de pie  que vivir de rodillas– !

Wie kann die Menschheit, gesegnet mir Informationsmitteln, die nie zuvor existierten, nur so blind sein? Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger, der die Bank Grameen für Mikrokredite gegründet hat, behauptet, dass es möglich wäre, in einer sozial und ökologisch gerechten Welt zu leben. Dass mit dem Geld, was für den Irakkrieg ausgegeben wurde, die Armut weltweit hätte ausgerottet werden können. Lange Zeit ist immer nur von Problemen gesprochen worden, und nun, wo Lösungen auf der Hand liegen, werden sie ignoriert.

Ein anderer Aspekt, der häufig als Kunst angesehen wird, ist die Mode. Das einzige was die Mode erreicht hat, ist ein Beitrag zum Aufbau des hegemonialen Kapitalismus. Kapitalismus und Mode ernähren sich gegenseitig. Beide sind der Motor für den Wunsch, zu konsumieren. Beide setzten Emotionen und Passionen frei, wie das Streben nach Luxus oder nach Exzess. In dem Buch Momo von Michael Ende sehe ich den aktuellen Menschen in seinem antisozialen und rücksichtslosen Verhalten reflektiert.
Wenn wir nicht aufwachen und unsere ökologische Intelligenz entdecken, dann bleibt uns nur ein Weg: die Auslöschung. 

Letztendlich existiert nichts wirklich, alles ist virtuell. Ein Video auf Youtube kann uns zu Tränen rühren, wir können dann ein unterstützenden Kommentar abgeben, aber was ändert das? Es ist leicht für uns, uns selbst zu betrügen und die Wahrheit zu verstecken. Die fehlende Selbstverpflichtung, das fehlende Engagement haben uns dahin gebracht, wo wir heute stehen. Wir merken nichts davon, dass hunderte unserer Brüder auf dem leidvollen amerikanischen Kontinent ihr Leben geben. Sie kämpfen nicht um Geld oder Macht, sie kämpfen um viel mehr, und wir ignorieren das. Natürlich, denn CNN berichtet ja auch nicht darüber. Es ist ein stiller Krieg, nicht um Öl, nicht um Religion. Es ist ein Kampf um Bäume, Flüsse, Meer. Sie ziehen in diesen Krieg, der nach Schießpulver made in Europe riecht, zusammen mit ihren Kindern, bewaffnet nur mit Stöcken und Steinen, um die Interessen von uns allen zu verteidigen. Dies geschieht im Dschungel von Amazonien und im Kalten Urwald im Süden Chiles, dort sterben Menschen, die ihre Mutter Erde lieben, wie sie nur jemand lieben kann, der ihre Muttermilch getrunken hat…
Mit dieser Botschaft verabschiede ich mich, im Namen all derer, die nicht mehr darum bitten können, gehört und bedacht zu werden, die sich geopfert haben, für dich, für mich, für uns alle.

TENE INJ LA AK ETCH.
Das ist Maya und bedeutet: Ich bin Du, Du bist ein anderes Ich.